Die Verwandlung in eine*n Drag-„Quing“ war für mich als Cis-Frau eine bereichernde, aber auch anstrengende Erfahrung. Die Schminke juckte im Gesicht, die Schuhe waren viel zu hoch und schabten an den Knöcheln, die künstlichen Wimpern lasteten schwer auf den Lidern und Trinken ging nur noch mit dem Strohhalm. Es fiel mir schwer, meine,ein Leben lang eingeübten Muster „weiblichen“ Verhaltens abzulegen, z.B. beim Sitzen die Beine eng zu überschlagen. Gleichzeitig machte es Riesenspaß, die Rollenbilder und das übliche Denken über typisch männliche/weibliche Verhaltensweisen zu überspitzen und zu persiflieren.
So manche Hemmung habe ich fallen gelassen.
Die Rampensau in mir bekam den Wunsch, die Menschen dazu zu bringen, mich anzusehen und sie zu irritieren. Es war auch sehr schön, meinem Freund bei der Verwandlung zuzusehen und gemeinsam unsere getauschten/gemischten Geschlechterrollen zu finden. Zuvor hatten wir uns gefragt: Wie reagieren wir aufeinander? Finden wir uns attraktiv, wenn wir andere Rollen haben und anders aussehen? Wie agieren wir zusammen? Am Ende standen wir knutschend vor den fotografierenden Menschen auf der Straße.
Ich habe gemerkt, wie viel Arbeit an Körper und Geist eine solche Verwandlung ist. Man muss sich auch neu kennenlernen, seinen Charakter als Drag finden, erfinden, entdecken – bzw. von ihm/ihr entdeckt werden. Man ist schon sehr von sich selbst überrascht, wer so alles in einem steckt. Dafür braucht es sicher mehr Zeit, als wir sie an diesem einen Nachmittag hatten. So sehr mir das Drag-Sein auch Spaß gemacht hat, am Ende war ich froh, als ich mich endlich abschminken konnte.

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